Demut hilft

Der Blick aufs größere Ganze macht solidarische Entscheidungen wahrscheinlicher

In den letzten Jahren gewinnt das Konzept der Demutim Management, aber auch in der politischen und gesellschaftlichen Kommunikation an Bedeutung. „Demut“ meint dabei die eigenen Stärken/Schwächen kennen, andere anerkennen, lernbereit und offen sein, sowie verstehen, dass wir nur ein kleiner Teil eines größeren Ganzen sind.

Meine Studie zeigt die Effekte an einem konkreten Beispiel: Ein Appell an die Demut, in dem Fall an das größere Ganze, erhöht messbar die Bereitschaft, dem Bau von Windrädern zuzustimmen.  Im Vergleich zur Kontrollgruppe sind Menschen, die eine erweiterte Perspektive annehmen, doppelt so willig, auf jeden Fall dem Bau zuzustimmen. Weitere Unterstützer können dazugewonnen werden, wenn der Nutzen dieses Eingriffs für die zukünftige Generation klar gemacht wird. Neben dem größeren Ganzen spielt auch finanzieller Eigennutz eine große Rolle.

Lassen Sie uns die Details ansehen: Im Januar 2022 beantworteten 200 Befragte auf einer Skala von 1 bis 4 (1 = „Stimme auf keinen Fall zu“ bis 4 = „Stimme auf jeden Fall zu“) die Frage:

  • Forscher sind sich einig, dass man, um dem Klimawandel zu begegnen, bis 2030 mindestens 1.500 neue Windanlagen pro Jahr bauen muss.
  • Wie sehr sind Sie bereit, ein Windrad in Sichtweite und Hörweite, auf dem Dach eines Hauses, auf einem Feld oder einem Berg vor Ihrer Wohnung oder Ihrem Haus in ca. 400 Meter Entfernung bauen zu lassen?

Im Kontrollfragebogen stimmten nur 16 Prozent auf jeden Fall dem Bau zu.

Zudem gab es drei weitere Varianten des Fragebogens mit folgenden Zusätzen:

Variante 1: „Eigennutz“:

  • „Jeder, der dem Bau eines Windrades in seiner Sicht- und Hörweite zustimmt, wird pro Jahr ca. 200 – 400 € an der Energieerzeugung mitverdienen.“  

Nun stimmten mehr als doppelt so viele, nämlich 34%, auf jeden Fall zu.

Variante 2; „Größeres Ganze anschaulich gemacht“:

  • „Vielleicht erinnern Sie sich noch daran, wie viele Elektrizitätsleitungen in den siebziger bis neunziger Jahre oberirdisch die Felder und Wiesen durchzogen und die Umgebung verschandelten? Nun sind in der Zwischenzeit schon mehr als 80 Prozent davon unterirdisch verlegt. So ähnlich lässt sich das für Windräder erwarten, dass sich deren Leistung Schritt für Schritt durch andere weniger hässliche sowie leisere Energieträger ersetzen lässt. Dadurch dass Sie ein bis zwei Jahrzehnte der Belästigung in Kauf nehmen, tragen Sie zum größeren Ganzen – der Zukunft des Planeten und Ihrer Heimat bei.“

Hier stimmten auch mehr als doppelt so viele, nämlich 33%, auf jeden Fall zu.

Variante 3 „Größeres Ganze – Fokus auf eigenem Verlust:

  • „Bitte führen Sie sich vor Ihr geistiges Auge, was Sie auf unserem Planeten an Natur und Zivilisation schätzen. Was würden Sie besonders vermissen, wenn es zerstört würde oder verloren ginge? Bitte notieren Sie das hier.“

70 Prozent der Teilnehmer erwähnten Natur sowie ihre derzeitige Freude daran, 30 Prozent nannten Menschen oder Kultur. Der Fokus auf „schöne Natur“ und das eigene Genießen reduzierte die Zustimmung.

Nur 18 Prozent stimmten auf jeden Fall zu.
 

Hier sehen Sie die Ergebnisse im Überblick

 


Bei der Zusatzfrage für die Unentschlossenen/negativ Eingestellten war wieder der Fokus auf das größere Ganze der vielversprechendste Ansatz:

Wird klar, wie die nächste Generation profitiert, ändern weitere 46 Prozent ihre Antwort zu einer sicheren Zustimmung!

 

Call to Action

Um die Akzeptanz für schwierige gesellschaftliche Entscheidungen zu stärken, muss bei der anstehenden Klimawende in der Kommunikation neben dem Eigennutz stark an die Demut in Form eines anschaulich dargestellten größeren Ganzen appelliert werden.